Das bespannte Haus

An einem Montag im Oktober habe ich meine Woche mit einem nur halben Arbeitstag begonnen – das Wetter war so strahlend schön, dass ich raus musste. (Der trübe November stand ja schon kurz vor der Türe).
Also bin ich an den Traunsee gefahren und habe den Nachmittag dort verbracht.
Bei meinem Spaziergang durch die schöne Stadt Gmunden bin ich auf dieses Haus gestoßen.

Ich fand das Haus in dieser Gestaltung gleichzeitig anziehend und abstoßend. Interessant anzuschauen und doch ein Fremdkörper. Und ich habe mich gefragt: Warum macht jemand so etwas mit einem alten Haus?  Ich nahm an, dass sich unter der Bespannung wahrscheinlich ein eigentlich schönes altes Haus verbirgt. Das ist eine künstlerische Aktion, so dachte ich, beherbergt das Haus doch eine Kunstgalerie (Die Galerie 422)

Aber weit gefehlt.

Unter der Bespannung ist ein eher unattraktiver 50-er Jahre Bau. 

Und die drei Häuser – also das bespannte Haus und seine beiden Nachbarn – sind zwar aus unterschiedlichen Epochen,  gehören aber dennoch zusammen. Sie sind nämlich innen verbunden. Die Eigentümer haben mit großem Aufwand die beiden sehr schlecht erhaltenen, denkmalgeschützten Häuser links und rechts renovieren lassen, zum Teil mit modernen Elementen erweitert und alle drei Gebäude miteinander verbunden.  

Herausgekommen ist etwas sehr Spannendes. 

Und auch wenn ich mir lieblichere Motive für die Bespannung des Mittelhauses vorstellen könnte – insgesamt finde ich den Ansatz sehr interessant.

Ich frage mich jetzt, ob Bespannung nicht grundsätzlich eine gute Möglichkeit wäre, sehr unpassende oder unattraktive Häuser zu verschönern. 

Das wirft bei mir allerdings auch gleich wieder Fragen auf:

  • Was sieht man, wenn man sich in einem bespannten Gebäude befindet und aus dem Fenster schaut?
  • Wie schaut die Bespannung nach einiger Zeit aus? Verschmutzt sie stark?
  • Wie aufwändig ist es, ein Haus zu bespannen?
  • Und wie lange hält das?

Und noch ein anderer Aspekt: Es entspricht ja nicht unseren Sehgewohnheiten, wenn Häuser in kurzen Abständen immer wieder anders aussehen, und quasi Kleidung tragen. 

Hausfassaden gehörten sonst zu den eher wenig veränderlichen Elementen in unserer Umgebung. Sie bilden einen stabilen visuellen Rahmen, an den wir uns gewöhnen und an dem wir uns orientieren – zumindest in der uns vertrauten Umgebung. Häuser mit wechselnden Fassaden kosten relativ viel Aufmerksamkeit.

Neu ist die Idee der Fassadenbekleidung ja nicht. Die klassische Variante, nämlich die Fassadenbegrünung, findet man gar nicht so selten und sie liegt derzeit auch im Trend. Denn sie hat atmosphärisch, auf Temperatur und Luftqualität einer Umgebung sehr positive Auswirkungen.

Insgesamt ist das jedenfalls ein spannendes Thema und eine neue Perspektive, die ich zum Thema Hausgestaltung gewonnen habe.

PS: Für alle, die mit der österreichischen Geografie nicht so vertraut sind: Der Traunsee liegt im oberösterreichischen Teil des Salzkammerguts. Er ist der viertgrößte und der tiefste See Österreichs und ob seiner schönen Lage – umringt von Bergen – ein beliebtes Ausflugsziel. Von Linz aus bin ich in gut 50 Minuten mit dem Auto dort.