Das Wachthaus

Egal, wo ich hinkomme, bin ich irgendwie immer auf der Suche nach Häusern. Ich habe Freude daran, sie zu entdecken und anzuschauen: Architektonisch interessante, ungewöhnliche, schöne, manchmal auch vernachlässigte oder verschandelte Häuser. Am liebsten würde ich ja immer auch gleich hinein schauen, aber das geht meist ja nicht. Dann stelle ich mir zumindest vor, wie es darin wohl aussehen mag.

Am allerliebsten aber habe ich alte Häuser. Die haben es mir angetan. Häuser mit Geschichte. Egal ob Burg oder winziges Bauernhaus, manchmal auch nur ein alter Stall oder eine Scheune. Solche Häuser ziehen mich irgendwie magisch an.

So wie das, an dem ich vor ein paar Wochen an einem traumhaft schönen und warmen Frühsommertag im oberösterreichischen Mühlviertel vorbei gekommen bin, bei einer kleinen Wanderung entlang der Pferdeeisenbahntrasse.

Die Pferdeeisenbahn war die erste Ferneisenbahn in Europa und wurde 1832 eröffnet. Sie verband das tschechische Budweis mit Linz, ab 1836 wurde sie weiter bis Gmunden geführt. Neben Bahnhöfen und Stationen gab es auf der Strecke zwischen Linz und Budweis auch 51 Wachthäuser, von dort aus wurde die Inspektion und Wartung der Strecke durchgeführt. Das Wachthaus Nr. 39 steht in der Nähe von Trosselsdorf / Neumarkt im Mühlkreis.

Ein kleines weißes Haus, so wie man sich als Kind ein Haus vorgestellt hat – schmale Fenster, Ziegeldach, eine einfache Haustür vorn und Blumen daneben. Ein kleiner Holzanbau. (Vielleicht ein Pferdestall?) Ein bisschen schief und schnörkellos, aber trotzdem sorgsam gestaltet. So kommt es mir vor.

Irgendjemand verbringt dort seine Wochenenden, trinkt nachmittags im Garten Kaffee mit Blick auf eine große Wiese, über die einst die Pferdeeisenbahn lief. Oder sitzt an schönen Sommerabenden mit einem Glas Wein auf der Bank vor dem Haus. Am liebsten hätte ich mich dort auch hingesetzt. Ein Glas Wein in der Hand und das kleine alte weiße Haus im Rücken.